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Darum bin ich Feministin

Von: Michaela Hinterhölzl

Ich bin Michi, 23, Frauensprecherin des VSStÖ Innsbruck und stolze Feministin.

Vor wenigen Jahren hätte ich mich jedoch sicher nicht als solche bezeichnet, geschweige denn am 8. März eine Rede gehalten oder einen Blogbeitrag zum Thema Feminismus geschrieben.

Warum? Ich bin in einem sehr konservativen Umfeld aufgewachsen. Feminismus war in meiner Familie verpönt: Feministinnen waren laut meinem Vater hysterische Männerhasserinnen, die sich über Luxusprobleme aufregten. Natürlich war das Blödsinn und diese Aussage ein vergeblicher Versuch, die patriarchalen Strukturen auch innerhalb meiner Familie aufrechtzuerhalten und Frauen klein zu halten - klein, gehorsam und machtlos.

Das hab ich jedoch erst Jahre später begriffen. Doch warum bin ich nun Feministin?

 

Ich bin Feministin…

Weil meine Mama wie selbstverständlich den Haushalt schmeißt, mich und meine Geschwister alleine aufgezogen hat, während mein Papa das Geld nach Hause bringt und immer noch keine Ahnung hat, wie unsere Waschmaschine funktioniert.

Weil meiner Mama durch ihren Teilzeitjob wohl Altersarmut bevorsteht.

Weil Frauen in Österreich statistisch gesehen immer noch 47 Tage im Jahr gratis arbeiten.

Weil meine Schwester und ich schon als Kinder, wenn wir Besuch hatten, den Tisch decken und abräumen mussten, während mein Papa und mein Bruder gemütlich sitzen blieben.

Weil meine Kindergartenpädagogin entsetzt reagierte, als ich als 4-Jährige eines Tages mit Kurzhaarschnitt - ich nannte es stolz Igelfrisur - auftauchte.

Weil Kleider und die Farbe Rosa nach wie vor als “unmännlich” gelten und unser 2-Geschlechtersystem die Lebensrealität tausender nicht binärer Menschen ignoriert.

Weil die Aussage “Du bist nicht wie andere Frauen” immer noch als Kompliment verwendet wird.

Weil viele meiner männlichen Freunde noch nie im Erwachsenenalter geweint haben, weil ihnen vermittelt wurde, keine Schwäche zeigen zu dürfen.

Weil es dann heißt: “Don’t be a pussy, grow some balls” oder einfach: “Sei ein Mann!”

Weil Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, immer noch auf ihr Äußeres reduziert werden.

Weil sie andauernd gefragt werden, wie sie Karriere und Kind unter einen Hut bringen.

Weil Sexualkunde in der Schule daraus bestand, uns zu vermitteln, Kondome zu benutzen und ja nicht schwanger zu werden.

Weil Sex automatisch mit heterosexuell, penetrativ und schmerzhaft für die Frau gleichgesetzt wurde.

Weil ich erst mit 21 gelernt habe, wie die Klitoris wirklich aussieht.

Weil die Worte ‘Lust’ und ‘Konsens’ de facto nie vorkamen.

Weil in der Schule unter dem Tisch mit Tampons und Binden gedealt wurde und Periodenblut als schmutzig galt.

Weil meine Essstörung von meinem Umfeld damals als normale ‘Diät-Phase’ abgetan wurde, die schließlich alle Frauen mal durchlaufen würden.

Weil ich mit 11 Jahren zum ersten Mal gecatcalled wurde und jede dritte Frau in Österreich von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt betroffen ist.

Weil ich aufgehört habe, zu zählen, wie oft ich beim Ausgehen ungefragt von Männern berührt wurde.

Ich bin Feministin, weil Nein Nein und nur Ja wirklich Ja heißt.

Ich bin Feministin, weil - obwohl mein Körper nur mir allein gehört - Schwangerschaftsabbrüche immer noch im Strafgesetzbuch geregelt sind.

Ich bin Feministin, weil in Österreich letztes Jahr 28 Frauen aufgrund ihres Geschlechts ermordet wurden.

Und weil ich diese Liste leider endlos fortführen könnte.

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Für mich ist klar:

Solange nicht alle Menschen, ganz unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer sexuellen Orientierung die gleichen Rechte und Chancen haben, so lange bin ich Feministin.

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